Original oder Fälschung?
In diesem Artikel erfahren Sie:
+ wie sie besonders schlechte Fälschungen erkennen können
+ was einen guten Kaschmirschal ausmacht
Haben Sie sich schon einmal über die vielen preisgünstigen Tücher aus dem Luxusstoff Kaschmir gewundert, die Ihnen auf der Straße oder im Internet zum Kauf angeboten werden? Wenn Sie diesen Artikel gelesen haben, wundern Sie sich über gar nichts mehr.
Bei Testkäufen im Internet, aber auch im Kontakt mit Händlern aus Indien oder in Nepal begegnen uns immer wieder Tücher, die mit "100% Kaschmir" oder "70% Kaschmir, 30% Seide" ausgezeichnet sind, aber auffallend wenig, manchmal sogar unter 20 Euro kosten. Wenn man bedenkt, dass selbst minderwertige Kaschmirwolle unverarbeitet (!) ca. 100 Dollar pro Kilo kostet und dass ein Pashmina-Schal mindestens 180 Gramm wiegt, dann kann man sich an einer Hand abzählen, dass hier etwas nicht stimmt. Andere Hersteller oder Verkäufer versuchen mit Angaben wie „Gold“ und „Silber“ oder einer Klassifizierung in A, B und C auf hohe Qualitäten hinzuweisen. Diese Bezeichnungen sind reine Erfindungen und lassen eher eine Fälschung als ein edles Kaschmirprodukt vermuten.Mit einem Mikroskop kann man erkennen, woraus viele der Billigtücher hergestellt wurden. Oft handelt es sich um Viskose oder andere Chemiefasern, deren Einkaufspreis für Händler bei unter einem Euro liegt, oder um behandelte Ware aus Schafswolle. Trägt man solche Produkte, so spürt man den Qualitätsunterschied bald auf der eigenen Haut: nur Kaschmirware fühlt sich wie Kaschmirware an.
Wie kann man sich als Verbraucher vor Betrug schützen?
Das Etikett
Wir führen regelmäßig Qualitätskontrollen der eigenen Ware durch und wissen dadurch, worauf man achten muss: Zuerst lohnen sich ein Blick auf das Etikett und die Frage, wie genau es der Hersteller mit den Materialangaben nimmt. Richtig ist die nach dem deutschen Textilkennzeichnungsgesetz vorgeschriebene Materialangabe wie z.B. "70% Kaschmir, 30% Seide" oder "100% Kaschmir"bzw. "Reines Kaschmir". Verdächtig sind dagegen Angaben wie "100% Pashmina", da Pashmina weder einer Wollsorte noch eine nach deutschem Recht zulässige Textilkennzeichnung ist. Mit dieser Falschangabe wollen findige Händler Schwierigkeiten bei der Zollprüfung umgehen und straf- und zivilrechtliche Konsequenzen meiden. Sie können mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass ein Schal mit der Angabe "Pashmina" kein Gramm Kaschmir enthält.
Der Stoff
Auch am Stoff selber lässt sich einiges zur Qualität ablesen. Ist der Stoff kalt und leicht glänzend, so handelt es sich mit Sicherheit um Viskose. Diese minderwertige Kunstfaser wird häufig bei türkischen, indischen und chinesischen Imitationen eingesetzt, da sie leicht zu produzieren und sehr billig ist. Fühlt sich der Stoff dagegen warm an, dann spricht das für Kaschmir, kann aber auch auf Kunstmaterialien wie Polyethylen oder Polyester hindeuten. Wie unterscheidet man nun zwischen "warmen" Stoffen aus Kaschmir und Kunstfaser? Am einfachsten ist die sogenannte Brennprobe: Zupfen Sie ein paar Härchen aus dem Tuch und zünden Sie sie an. Verbrennen sie rasch und riecht der Rauch nach verbranntem Papier, dann handelt es sich vermutlich um Viskose. Bildet sich eine helle, große Flamme, dann spricht dies für Chemiefasern wie Polyethylen oder Polyester. Je nach konkreter Zusammensetzung dieser Chemiefasern kann die Materialprobe durch das Brennen zu einem kleinen Klumpen verschmelzen. Wolle bzw. Kaschmirwolle erkennt man daran, dass der Stoff nur schwer entzündlich ist, den süßlichen Geruch von verbranntem Haar oder Fingernagel ausströmt und der Faserrückstand wulstartige Knötchen aufweist, die sich zerreiben lassen. Damit bleibt nur die Frage offen, wie man Kaschmirwolle von anderen Wollsorten, wie z.B. der deutlich günstigeren behandelten Schafswolle, unterscheidet.
Die Fransen
Wie das auch ein unbefangener Betrachter tun würde, legen wir auf das Erscheinungsbild der Fransen besonderes Augenmerk. Unsere Fransen sind sauber gedrillt und immer sorgfältig verknotet. Auch werden Sie an den Fransen bei einem leichten Öffnen der Knoten nie weiße Stellen sehen, wie man sie leider öfter antrifft: Solche weiße Stellen deuten darauf hin, dass der Pashmina erst als fertig verarbeitetes Produkt eingefärbt wurde. Vor allem indische Pashmina-Fälscher greifen aus Kostengründen auf diesen Trick zurück.
Unsere Qualitätssicherung
Mercks Warenlexikon aus dem Jahr 1884 trifft den Nagel auf den Kopf:
"Noch jetzt sind echt indische Schals ein geschätzter, über alle Mode erhabener Artikel. Der Handel damit erfordert aber eine so genaue Kennerschaft, wie sie ein Edelsteinhändler in seinem Fache haben muß."
Dieses Zitat hat auch über 120 Jahre später ungebrochene Geltung. Leider sind die Fälschungen – z.B. durch neue eingeführte Verfahren zur Aufbereitung minderwertiger Schafswolle – mittlerweile so gut, dass Fachkenntnisse alleine nicht mehr ausreichen.
Wir prüfen unsere Kaschmir-Produkte regelmäßig unter einem Bresser-Mikroskop mit tausendfacher Vergrößerung. Da eine solche oberflächliche Prüfung nicht ausreicht, lassen wir die Qualität unserer Ware zusätzlich von einem international anerkannten Labor in Deutschland untersuchen. Sobald Qualitäten nicht zufriedenstellend sind, wenn also etwa Verunreinigungen des Kaschmirs festzustellen sind, schicken wir die Ware kompromisslos wieder zurück zum Lieferanten.
Weiterführende Informationen
- zu den Textilprüfungsverfahren (vor allem zum Brenntest) gibt es in der Fachliteratur, z.B.: Alfons Hofer: Stoffe. Band 1: Rohstoffe: Fasern, Garne und Effekte, Frankfurt 2000
- zur Geschichte von Kaschmirschals: Mercks Warenlexikon, Stichwort „Shawl“, Band 21, 3. Auflage, Leipzig 1884.